Donnerstag, 11. Juli 2013

Leseprobe und neuer Titel

Wer die kleine Unterhaltung auf Facebook verfolgt hat, weiß schon Bescheid:
Das Projekt, an dem ich arbeite wird den Namen "Dem Feuer ergeben" tragen.

Aber wieso, weshalb, warum?
Da die neue Geschichte sich wirklich sehr von meinem Erstlingsroman unterscheidet und ich nicht möchte, dass es zu Verwechslungen kommt, musste ein leicht abgewandelter Titel her. Außerdem passt dieser viel besser zur Story.

Eine kleine Leseprobe stelle ich Euch jetzt schon online. Ich bin gespannt, wie es Euch gefällt.




Kapitel 1

Die verschiedenen Rot-, Orange- und Gelbtöne der Kerzenflamme zogen die Vampirin in einen faszinierenden Bann. Sie verlor sich gänzlich in einem gefährlichen Tagtraum. Lilia stellte sich vor, wie heiße Funken auf ihre Haut übersprangen und eine Spur aus Asche hinterließen. Sanft küsste der Duft nach Karamell und verbranntem Fleisch ihre Sinne. Ihre Freiheit war zum Greifen nah. Erst ein starker Schmerz, der ihre rechte Hand durchfuhr, brachte sie der Realität zurück. Der Tagtraum war weg, wie eine Seifenblase geplatzt. Nur der ziehende Schmerz blieb ihr unglücklicherweise erhalten. Große Brandblasen hatten sich auf ihrer Handfläche gebildet, die sie in ihrer Trance in die Kerzenflamme gehalten hatte. Beschämt versuchte Lilia ihr Missgeschick unter einer Serviette zu verstecken. Sie drängte sich an den Partygästen vorbei, denen der Unfall nicht verborgen geblieben war. Abschätzende Blicke und rümpfende Nasen begleiteten ihren Weg. Lilia fiel ein Stein vom Herzen, als sie endlich die Tür erblickte, auf der in geschwungenen Buchstaben das Wort >>Damen<< geschrieben stand. Das kühle Nass, das aus dem Wasserhahn auf ihre glühende Hand traf, war für sie wie ein Segen und nach zehn Minuten deutete nichts mehr auf ihren Fauxpas hin. Die Verletzung war völlig verheilt. Es waren die Narben in ihrer Seele, die ihr blieben. Sie befand sich immer noch im Hier und Jetzt, gefangen in ihrer Unsterblichkeit. Bereits seit Jahrzehnten sehnte sie sich danach, einfach nur normal und sterblich zu sein. Das, was in der mystischen Welt als Geschenk galt, war für Lilia nichts weiter, als ein lästiger Zusatz ihres vampirischen Daseins. Im Gegensatz zu ihrer Verwandtschaft hasste sie das Leben. Von dem Zeitpunkt an, als sie die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren hatte, verabscheute sie ihre eigene Existenz. Es war nicht das erste Mal, dass solche Todesträume sich in ihr Bewusstsein schlichen, doch nun würde sie dem ein Ende setzen. Heute Nacht hatte sie vor, ihre Pläne endlich in die Tat umsetzen. Heute Nacht wollte Lilia sterben. Ein triumphierendes Lächeln legte sich über ihre rosigen Lippen. Wie sehr hatte sie dieses Ereignis herbeigesehnt? Wie oft hatte sie schon versucht, sich das Leben zu nehmen? Immer hatte es ihr an Mut gefehlt. Die Tatsache, dass bereits tausend Jahre seit ihrer Geburt verstrichen waren, hatte sie diesen aber endlich finden lassen. Sie wollte nicht noch mehr Jahre auf dieser Welt verbringen. Die perfekte Symmetrie ihres Geburts- und Todestages ließ sie strahlen. Die Vorfreude summte in ihr, als sie den Blick auf ihre Armbanduhr richtete. Der große Zeiger hatte sein Ziel fast erreicht. In zwei Minuten hatte sie Geburtstag und nun war es Zeit zu gehen. Lilia fühlte sich, wie Cinderella, als sie die Toilette verließ, um sich heimlich davonzustehlen.
>>Hier bist du<<, tönte es vorwurfsvoll hinter ihr.
Am liebsten hätte sie ihre jüngere Schwester einfach ignoriert und wäre weitergegangen. Doch dafür war es bereits zu spät. Camille hatte sich bei Lilia am Arm eingehakt und zog sie mit sich in Richtung Ballsaal.
>>Die Gäste wundern sich schon, wo du bleibst. Du hast gleich Geburtstag und alle sind auf die Rede gespannt.<<
Eine Rede, die Lilia nicht vorbereitet hatte und die sie nie hatte halten wollen. Es war Tradition  sich für die letzten tausend Jahre zu bedanken, doch es gab nichts, für das sie dankbar gewesen wäre. Ein dicker Kloß bildete sich in Lilias Kehle. Als sie es nicht länger aushielt, drehte sie sich aus den Armen ihrer Schwester und rannte den Gang herunter.
>>Lilia, was ist los?<<
Ihre Schwester war genauso schnell, wie sie und so dauerte es keine drei Sekunden, bis sie Lilia am Arm packte und zu sich herumriss.
>>Was ist verdammt noch mal mit dir los?<<
>>Lass mich gehen. Ich will hier weg.<<
Eine Standuhr am Ende des Ganges schlug Mitternacht und plötzlich fühlte sich Lilia von allem eingeengt. Die Zeit rann ihr durch die Finger. Sie durfte nicht schon wieder versagen. Eigentlich sollte sie jetzt in der Hütte sein, die eine halbe Stunde Fahrt von hier entfernt lag. Doch als Vampir hätte sie die Distanz locker in weniger als fünf Minuten bewältigen können. Sie wollte Benzin über ihren Körper gießen und damit ihr rubinrotes Cocktailkleid durchtränken. Das Zeug würde zwar grässlich stinken und ihren eigenen Duft überdecken, doch es würde ihren Tod auch beschleunigen. Nachdem sie sich auf den mit Heu bedeckten Boden gelegt hätte, würde sie ein letztes Mal ihr Leben Revue passieren lassen und mit einem Streichholz in der Hand die Ketten ihres irdischen Gefängnisses lösen. All das konnte sie aber nicht, wenn ihre Schwester sie hier festhielt.
>>Lass los!<<
Ein wütendes Fauchen entwich ihrer Kehle und erschrocken lockerte Camille ihren Griff. Verwirrt und ungläubig blickten die großen tiefblauen Augen ihrer Schwester sie an. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann schien sie es sich anders zu überlegen. Kein Ton verließ ihre Lippen.
>>Es tut mir leid, aber ich muss hier weg.<<
Es war die einzige Erklärung, die sie Camille geben konnte. Erst, wenn ihr Körper zu Asche zerfallen war, würden Abschiedsbriefe die Verwandten erreichen, durch die sie ihnen alles erklärte. Briefe, die Lilias wahren Gefühle offenbarten. Zeilen, die ihre tiefe innere Leere beschrieben und den schon vor langer Zeit verlorenen Lebenssinn. Lilia war nicht stark genug, es ihnen von Angesicht zu Angesicht zu erklären und so hat sie heute Morgen die Briefe in den örtlichen Postkasten geschmissen. Sie hoffte wirklich, dass ihre Schwester es dann verstehen würde. Camille ließ den Arm sinken und obwohl Unverständnis und Irrglaube ihr ins Gesicht geschrieben standen, ließ sie Lilia gehen.
>>Danke.<<

Aus der Uhr tönte der letzte Schlag und als sich Lilia umdrehte, wurde dieses Geräusch von einem schrillen Schrei begleitet. Camille hatte die Augen weit aufgerissen, sie stürzte zu Boden und schlug wild um sich. Ihre Schmerzensschreie durchschnitten die warme Luft des Foyers und sie fing an, sich panisch die Arme aufzukratzen. Der Anblick ihrer Schwester ließ Lilia vor Angst erstarren. Was passierte mit ihr? Plötzlich fing Lilias Haut an unangenehm zu kribbeln und ihre Hand schimmerte in einem bläulich Licht. Sie begann zu schwelen. Das hatte Lilia nicht geplant. Langsam fraß sich das blaue Licht vorwärts. Das war kein normales Feuer, Lilia kannte dieses Licht. Doch das war unmöglich. Nur Hexen konnten den Blauen Fluch wirken, doch die existierten nicht mehr. Lilia blickte angsterfüllt auf ihre Schwester. Fast erleichtert stellte sie fest, dass an Camilles Körper kein bläulicher Schimmer zu sehen war. Sie hatte sich nicht mit dem Hexenfeuer infiziert. Es war die Verbindung zu Joel, die Camille leiden ließ. Sie spürte die Schmerzen, ihres Gefährten. Auch er war verloren, denn das Hexenfeuer würde erst aufhören zu brennen, wenn es keine Nahrung mehr fand und der infizierte Körper gänzlich verkohlt war. Traurig gab Lilia den Schmerzen nach und brach zusammen.

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